Wie der Enzyklopädist Johann Georg Krünitz in der Frühen Neuzeit Frauen beschrieb und definierte, ist im Nachhinein amüsant zu lesen, daher führe ich hier viele Originalzitate an. Den Band 14 seiner insgesamt 242 Bände umfassenden Oeconomischen Encyclopädie publizierte er im Jahr 1778. Er ging der Frage nach, „ob die Natur dem Frauenzimmer eben so viel Stärke des Leibes und der Seele ertheilt habe, als dem männlichen Geschlechte?“, und welche „Freyheit der Frauenzimmer in Ansehung der männlichen Gesellschaft“ zukommen solle.
„Man laße sie sich also aus dem engen Zirkel herausreißen“
Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern vertrat er relativ liberale Positionen. Er traute ihnen viel zu: „Man laße sie wie Männer arbeiten, und sie werden Stärke genug finden, die Herrschaft der Welt mit ihnen zu theilen.“ Fast gewinnt man den Eindruck, hier vertrete er moderne Ansichten und sei seiner Zeit weit voraus: „Dennoch sind sie eben so fähig, wie die Manns=Personen zu denken und zu handeln; aber sie müßten ihren gewöhnlichen leeren Beschäftigungen und Zeitvertreiben entsagen, ihren Verstand üben, und sich zu ernsthaften Arbeiten geschickt machen. Man laße sie sich also aus dem engen Zirkel herausreißen, in welchem man sie bisher eingeschlossen gehalten, und sich nicht vor dem Lächerlichen fürchten, womit sie neidische Frauen, oder Männer, welche ihre Verdienste nicht einsehen können, so gern demüthigen wollten.“
Frauen als „Zierde und Vergnügen der Gesellschaft“
Bei allem Respekt sollten Männer aber als „wahre unumschränkte Herren“ die Oberhand behalten, denn zum weiblichen Verstand könne „nichts Männliches und Großes Zugang erhalten, das viel Größe und Stärke des Geistes erfordert“. Die Rolle der Frau war also doch klar: „Sie nehmen also nur den zweyten Rang ein, und sind zufrieden, daß sie die Zierde und das Vergnügen der Gesellschaft ausmachen.“ Krünitz sorgte sich hingegen tatsächlich um die Zukunft der Männer. Er befürchtete, die „Leidenschaften der Mannspersonen“ seien „durch den Umgang mit dem Frauenzimmer ausgerottet oder wenigstens gemildert worden“, ihre „anderen Seelenkräfte“ seien durch den Umgang mit ihnen „zärtlicher, sanfter, und, mit Einem Worte, menschlicher geworden“. Würde „der männliche Character von seinem Eigenthümlichen nicht zu viel verlieren? Sollten große und wichtige Geschäfte durch die Begierde, so viel Zeit als möglich, bey der schönen Hälfte des menschlichen Geschlechts zu zubringen, nicht eine merkliche Vernachläßigung erleiden?“ Der Enzyklopädist scheute ein persönliches Fazit: „Ich getraue mir nicht, diese Fragen vollkommen zu entscheiden.“
Die Frauen „ziehen und regieren“
Im frühen 18. Jahrhundert spielten Frauen eine wichtige Rolle im Familienleben, es gab keine Trennung von Hausarbeit und Erwerbstätigkeit. Frauen kümmerten sich um ökonomische Belange und packten im Betrieb und auf Feldern als kompetente „Gehülfinnen“ mit an. Sie verkauften eigene Ware, zum Beispiel als Korsett-, Band- oder Handschuhmacherinnen. Nicht umsonst warben junge Handwerker um reiche Meistertöchter oder Witwen erfolgreicher Unternehmer. Man erwartete, dass die Handwerksfrau sich „in den Kram und in das Handwerk ihres Mannes zu schicken wisse, und entweder einiges mit arbeite, oder doch die Ware geschickt und mit Nutzen verkaufen lerne.“ Sie sollte „gelehrig, etwas gesprächig, klug und witzig“ sein, unterrichtet im Rechnen und Schreiben – und vermögend! – sein.“ Das Dilemma war hierbei, dass „die wenigsten Männer die seltene Klugheit besitzen, eine Frau erst zu ziehen, die sich nicht selbst zieht, und sie zu regieren, die sich nicht leicht will regieren laßen.“ Was also tun? „Wie ein Handwerksmann eine solche Frau klüglich erlangen könne, das ist noch ein schwerer Punct.“
„Die zweite Hälfte des Menschengeschlechts“
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts forderten Aufklärer in zahlreichen pädagogischen Schriften eine spezifische weibliche Ausbildung, die auf praktische Vernunft zielte und die Frau auf ihre Funktion als fürsorgliche Gattin und Mutter reduzierte. Sozialpolitiker behaupteten, Eigenschaften wie Mütterlichkeit, Fürsorglichkeit, Einfühlsamkeit, Emotionalität und Sittsamkeit seien tief in der weiblichen Psyche verankert. Das Stichwort „Weib“ wurde 1856 von Carl Otto Hoffmann erarbeitet. Er reduzierte es auf die „zweite Hälfte des Menschengeschlechts, welches dazu bestimmt ist, durch das Gebären der Kinder nach erfolgter Zeugung durch die Begattung das Geschlecht der Menschen fortzupflanzen.“ Offensichtlich wird auch die Beschränkung auf Haus und Hof. „Weibliche Arbeiten“ umfasste als eigenständiger Eintrag Stricken, Nähen, Sticken, Tambouriren, Zuschneiden und Kleidermachen. Unter „Weiblichkeit“ findet man unter anderem die Definition „weibliche Schwachheit und Fehler“. Interessant ist auch der Begriff „Weiberlist: die dem weiblichen Geschlechte eigenthümliche Neigung zu einem listigen Verfahren und die Geschicklichkeit darin; sie ist begründet in der leichten Auffassungsgabe des weiblichen Geschlechts und wird befördert durch das Gefühl der Schwäche.“