„Der Weg ist das Ziel“, sagen Reisende heute gern, die sich in ihre ICE-Komfortsessel fallen lassen und ihr Gepäck sicher einschließen. Mit „Eisenbahn“ war Anfang des 19. Jahrhunderts jedoch ein eiserner Fahrweg gemeint, auf dem jahrzehntelang die „Pferdebahn“ gezogen wurde. Erst 1831 wurde die erste Bahnlinie mit Dampfbetrieb auf dem europäischen Kontinent eingeweiht: die Bahnstrecke Saint-Étienne-Lyon in Frankreich.
Für Reisende in der Frühen Neuzeit war das Vorankommen in Postkutschen, auf unbefestigten Fahrstraßen, Reitwegen und Fußsteigen, zeitaufwändig und anstrengend. Sechs bis acht Personen saßen dicht an dicht. Sie durften jeweils nur einen Reisesack mit Wäschestücken umsonst mitnehmen, das „Felleisen“. Dabei war die Fahrt an sich nicht billig: Man zahlte einen Gulden pro Postmeile (ca. 7,5 Kilometer), für einfache Bürger ein kleines Vermögen. Zudem rechneten Postillione oft willkürlich ab.
Als vorrangiger Zweck einer freiwilligen Reise galt die Festigung des Charakters sowie die sorgfältige Erkundung von „Schönheiten und Merkwürdigkeiten“. Die „Reiseklugheit“ gewinne man durch ein vorsichtiges Benehmen gegenüber seinen Gastgebern an den unterschiedlichen Orten und einer „geschickten Anwendung der erlangten Kenntnisse, wenn man wieder zu Hause ist.“ Dies galt insbesondere für die Kavalierreise oder „Grand Tour“ durch Mitteleuropa, Italien und Spanien. Sie galt als obligatorische Reise von europäischen Adelssprossen, später auch von jungen Männern des gehobenen Bürgertums.
Postkutschen eroberten ab Mitte des 17. Jahrhunderts ganz Europa. Sie wurden für kurze Strecken sogar in Amerika, Indien und im Vorderen Orient eingesetzt. Die Spitznamen „Ackerkarren“ oder „Knochenknacker“ beschrieben den „Komfort“: Postkutschen ähnelten um 1800 alten Rollwagen, besaßen oft weder Türen noch Fenster. Und man kam nicht schnell voran. Während ein Wanderer 25 bis 40 Kilometer an einem Tag zurücklegen konnte, schaffte die Postkutsche nur ca. 37 Kilometer.
Bei Reisebekanntschaften war Vorsicht geboten, die Angst fuhr mit. Nicht umsonst lautete ein populäres Sprichwort: „Fern von Haus ist nahe bei Schaden.“ Man stieg nur bei einer zwingenden Notwendigkeit in das rumpelnde Gefährt, z. B. für Geschäftsreisen. Zeitgenössische Reiseliteratur riet gar zur Mitnahme einer Pistole und zu grundsätzlichem Misstrauen gegenüber Fremden. Besonders gefürchtet waren große Banden, die gezielt Kutschen überfielen.
Unbekannten oder Fußgängern die man unterwegs antrifft, auf seinem Wagen, aus unvorsichtiger Gutmütigkeit, einen Platz einzuräumen, ist das beste Mittel, beraubt oder ermordet zu werden.
Unterwegs im Knochenknacker auf Höllenpfaden
Feste Dienstfahrpläne gab es nicht, die erschöpften Pferde mussten an Wechselstationen ausgetauscht werden, wodurch lange Wartezeiten entstanden. Außerdem stellten Zollbeamte sämtlicher Fürsten-, Ritter- und Bistümer die Geduld der Passagiere auf die Probe. Die Grafschaften und Herzogtümer hatten verschiedene Wagenspuren, die beim Grenzübertritt durch den Austausch der Achsen vergrößert oder verkleinert werden mussten. Die Fahrgäste waren unerfahrenen Kutschern ausgeliefert, jeder Achsenbruch führte zur Katastrophe. Postillione orientierten sich mehr schlecht als recht an Meilenscheiben, ähnlich den heutigen Entfernungstabellen, an unpräzisen Landkarten und rudimentär ausgeschilderten Verkehrswegen.
Luxuriöse Kutschen wurden nur von Adligen und wohlhabenden Bürgern zur Selbstdarstellung genutzt. Die kleinen Schlösser auf Rädern konnten aber noch so schön von Kunstschreinern, Goldschmieden und Bortenmachern aus edlen Hölzern und Metallen angefertigt und mit Leder, Samt und Seide ausgekleidet worden sein – auch sie waren auf die von Schlaglöchern durchsetzten „Teufelswege“ und „Höllenpfade“ angewiesen. Es wurden sogar extra Diener engagiert, die vorliefen und vor Gefahren auf den miserablen Wegen warnten.
Schiffbare Flüsse und Ströme stellten willkommene, alternative Verkehrsadern dar. Schifffahrten waren nicht nur wesentlich günstiger und bequemer, sondern auch zuverlässiger. Hier musste man keinen Radbruch fürchten, sich nicht ins Ungewisse stürzen. Die Fahrgäste ließen sich treiben, z. B. stromabwärts auf Ober- und Niederrhein auf einem „Marktschiff“. Krünitz empfahl vor allem die „reizvolle Reise auf dem Rheine von Mannheim über Mainz, Koblenz, Köln und Düsseldorf“. Umständlich war allerdings das Treideln bei umgekehrten Flussläufen. Entlang der Ufer lagen Treidelpfade auf erhöhten Dämmen, Pferde- oder Ochsengespanne zogen die Boote stromaufwärts.
Für welches Transportmittel sich Reisende des 18. und frühen 19. Jahrhunderts auch entschieden – sie mussten mit viel größeren Unwägbarkeiten, Umwegen und Gefahren rechnen als Touristen und Geschäftsreisende des 21. Jahrhunderts.