Sprachen im neuzeitlichen Europa

Jahrhundertelang beherrschte Latein als europäische Gelehrten- und Theologensprache sämtliche Druckwerke im deutschsprachigen Raum. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte sich jedoch in vielen Bereichen Französisch durch.

Gruppenbild 4 adlige Kinder, wahrscheinlich aus Deutschland
Vier adlige Kinder, 18. Jahrhundert, wahrscheinlich aus Deutschland

Die Kultur Frankreichs war in den deutschen Territorien allgegenwärtig und hoch angesehen. Nicht nur Fürsten, Adlige und Gelehrte sprachen Französisch. Ambitionierte Bürger stellten muttersprachliche Gouvernanten ein, damit ihre Kinder die „Sprache der Gebildeten“ erlernten. Friedrich II. von Preußen sprach dagegen nicht einmal innerhalb seiner eigenen Familie Deutsch und verspottete 1780 in seiner Schrift „Über die deutsche Literatur“ hochrangige deutsche Schriftsteller. Er selbst parlierte, korrespondierte und publizierte in Französisch. 

Die „Richtigkeit der Sprache“

Es ist sowohl dem patriotischen Selbstbehauptungswillen deutscher Gelehrter und Literaten wie Johann Christoph Gottsched als auch dem zunehmenden Interesse nicht-frankophiler Bürger zu verdanken, dass die Sprache Goethes sich emanzipieren konnte. Ein Wegbereiter für die Einführung des Deutschen anstelle von Latein in akademischen Vorlesungen war Christian Thomasius, der bereits 1694 in seiner „Einleitung zu der Vernunfft-Lehre“ erklärte, dass das Deutsche ein größeres Publikum erreichen könne und für Vorlesungen ebenso geeignet sei wie das Gelehrtenlatein.

Johann Christoph Gottsched
Johann Christoph Gottsched
(1700-1766)

In Universitätsstädten gab es seit 1720 Gesellschaften zur Sprachenpflege. In der Satzung der in Leipzig ansässigen „Deutschen Gesellschaft“ hieß es: „Man soll sich allezeit der Reinigkeit und Richtigkeit der Sprache befleissigen“ und Provinzial-Redensarten vermeiden, „so daß man weder Schlesisch noch Meißnisch, weder Fränkisch noch Niedersächsisch, sondern rein Hochdeutsch schreibe; so wie man es in ganz Deutschland verstehen kann.“

Englisch als Handelssprache

Die Einbeziehung englischer Kultur setzte relativ spät ein. Sie ging von Hafenstädten wie Hamburg und Kopenhagen aus, da hier der Seehandel florierte. Englisch prägte eher die Kommunikation zwischen Händlern als zwischen Gelehrten. In der Literatur machte die Sprache seit der Übersetzung bürgerlicher Trauerspiele und empfindsamer Romane dem Französischen Konkurrenz. Das Italienische lernten Gebildete auf ihren Reisen oder im Studium. Andere Nationalsprachen wie slawische oder skandinavische waren außerhalb ihrer Sprachgebiete kaum bekannt.

Eine Sondersituation gab es in Dänemark: Seit dem 14. Jahrhundert emigrierte deutscher, protestantischer Adel und dominierte im 18. Jahrhundert  zunehmend das kulturelle und das Alltagsleben in Kopenhagen. Sowohl im Königshaus und unter hohen Beamten als auch unter Handwerkern und kleinen Händlern herrschte Deutsch als Verkehrssprache. Im Heer war es die Kommando-, in Kanzleien die Geschäftssprache, bis 1772 Dänisch offiziell zur Staatssprache erklärt wurde.