Warum wurden in Badstuben Zähne gezogen?

Der Beruf des Baders hat eine traditionsreiche Geschichte. Schon im Mittelalter hatten viele Ortschaften ein Badhaus. Barbiere und Bader waren in der Frühen Neuzeit  vielerorts Ärzte für die „kleinen Leute“, die selten Zugang zu medizinischen Einrichtungen hatten. In Badestuben wurde nicht nur die Körperpflege angeboten. Auch Aderlassen, Schröpfen, Zahn- und Augenheilkunde, ja sogar chirurgische Eingriffe zählten zu den Dienstleistungen. Hier musste besonders schnell und präzise gearbeitet werden, sonst bestand die Gefahr, dass der Patient am Schock seiner Schmerzen starb – denn die Narkose wurde erst 1846 eingeführt! Barbiere stutzen nicht nur Haare und Bärte, sondern nahmen operative Eingriffe wie Starstiche, Amputationen oder Frakturbehandlungen vor.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verordneten viele Landesherren die Schließung von Badestuben, woraufhin die Bader und Barbiere ihre Dienste im Freien verrichteten. Durch die im 18. Jahrhundert forcierte Errichtung von Krankenhäusern für Bedürftige blieb ihnen nur noch der Bereich Heilkunde, denn wissenschaftlich ausgebildete und besser ausgerüstete Universitätsärzte übernahmen riskante Eingriffe und komplexe Behandlungen.

Warnung vor Badern im „Betrugs-Lexicon”

Von Anfang an gehörte der Bader zu der untersten sozialen Schicht und hatte nur ein geringes Ansehen. Da manche Betreiber keine getrennten Räume für Männer und Frauen bereitstellten, haftete dem „sündigen“ Badhaus außerdem ein schlechter Ruf an. Georg Paul Hönn, ein Beamter am Coburger Hof veröffentlichte 1743 sein „Betrugs-Lexicon”, das noch heute als wichtiges Zeitzeugnis zum Alltagsverständnis des 18. Jahrhunderts gilt. Betrügerischen Badern warf er darin vor, auf „Quacksalberische Art und Weise“ Patienten anzulocken und zu viel Geld für zu schlechte Leistungen zu verlangen. Seiner Meinung nach würden diese Bader „die Patienten mit ihren Schäden öffters vorsetzlicher weise aufhalten / damit sie an ihnen desto länger zu curiren und folglich mehr Geld zu verdienen haben“.

Viele hielt er für wahre Scharlatane, wenn sie „solche Patienten annehmen und curiren wollen, von deren Schäden und Beschwerung sie keine Erfahrung haben, ja offt nicht einmahl etwas davon gehöret“. Wieder andere prahlten anscheinend, „in was Hochachtung sie bey diesem und jenem berühmten Medico wären / von ihme öffters recommendirt würden / und daher auch von ihme sonderliche gute berühmte Artzneyen und Specifica“ bieten könnten. Der preußische König Friedrich I. anerkannte jedoch die grundsätzliche Funktion des Baders insbesondere für ländliche Gebiete und professionalisierte es in speziellen Ausbildungseinrichtungen wie der 1709 gegründeten Berliner Charité.